Montag, 16. September, 2024
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Starke Themen, sehr gute Stimmung

Das 50. VDBUM-Großseminar war ein voller Erfolg. Mehr als 1.000 Führungskräfte haben vom 19. bis 22. Juli am Jubiläumsseminar des Verbandes der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik in Willingen teilgenommen. Das Konzept der Co-Vorträge brachte echten Erkenntnisgewinn.

„Endlich“ – so begann VDBUM-Präsident Peter Guttenberger seine Eröffnungsrede beim ersten Galaabend in der Upland-Arena und brachte damit die Freude zum Ausdruck, dass der Wissens-Check-up im Kongresshotel Sauerland Stern Hotel in Willingen nach zweieinhalbjähriger Abstinenz wieder stattfinden konnte. Guttenberger ging auf die Erfolge des VDBUM in den vergangenen 50 Jahren ein und benannte künftige Herausforderungen, denen der Verband mit dem „Strategie- plan 2030“ begegnen will. Er beschrieb auch das seit 2002 eingesetzte Verbandslogo. Nicht allen war bewusst, dass die sieben Quader rechts neben dem Verbandsnamen gleichermaßen für die Sitze eines griechischen oder römischen Forums stehen und für die Zähne eines Zahnrads, das die Baggerkette antreibt oder in einem Getriebe wirkt. Die Sitze symbolisieren die Kommunikation und die Verbindung zwischen Menschen, das Zahnrad bildet die technische Kompetenz des VDBUM ab. Die Quader sind bewusst nicht gerade, sondern als Trapeze dargestellt, um so die Dynamik und Kraft des Einsatzes widerzuspiegeln.

Gefragt sind mehr Standbeine und Zukunftsvisionen

Franz-Josef Paus, Vorsitzender des VDMA-Fachverbandes Bau- und Baustoffmaschinen, sagte in seinem Grußwort: „Der VDBUM und der VDMA haben weit mehr gemeinsam als die ersten beiden Buchstaben. Es ist eine Symbiose zwischen Anwendern und Herstellern.“ Prof. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), ging in seinem Impulsvortrag auf die Aufgaben der kommenden zehn, 15 Jahre ein, vor allem auf die wirtschaftliche, die digital-ökologische und die soziale Transformation. Zu den aktuellen Problemen zähle, dass „wir uns viel zu sehr einseitig abhängig gemacht haben“ und dass die Produktion zu effizient gestaltet wurde. „Just-in-time hat funktioniert, tut es nun aber eben nicht mehr“. Manche leiteten daraus den Schluss ab, die Globalisierung sei gescheitert. Dem widersprach der Ökonom auch mit Blick auf Großbritannien nach dem Brexit: „Wir brauchen mehr Standbeine und nicht weniger, sondern mehr Globalisierung.“

Um die Transformation zu bewerkstelligen, seien deutlich mehr Zukunftsinvestitionen vonnöten. „Der deutsche Staat hat zu lange von seiner Substanz gelebt“, so Fratzscher. Sorgen bereiten ihm die zunehmende Spaltung der Gesellschaft sowie der Fachkräftemangel, der Deutschland weitaus heftiger treffe als andere Staaten. Nötig seien mehr Wertschätzung für Einwanderer, das Aktivieren der „stillen Reserve des Landes“, der Frauen, sowie mehr Qualifizierung und flexible Arbeitszeitmodelle.

Podiumsdiskussion mit interaktiver Mitwirkung

Um die Transformation zu bewerkstelligen, seien deutlich mehr Zukunftsinvestitionen vonnöten. „Der deutsche Staat hat zu lange von seiner Substanz gelebt“, so Fratzscher. Sorgen bereiten ihm die zunehmende Spaltung der Gesellschaft sowie der Fachkräftemangel, der Deutschland weitaus heftiger treffe als andere Staaten. Nötig seien mehr Wertschätzung für Einwanderer, das Aktivieren der „stillen Reserve des Landes“, der Frauen, sowie mehr Qualifizierung und flexible Arbeitszeitmodelle.

Podiumsdiskussion mit interaktiver Mitwirkung

Zur Podiumsdiskussion am Dienstagvormittag erhielten die Zuhörer die Möglichkeit, über ein Tool des VDBUM-Partners DAY4Solutions interaktiv mitzuwirken. Über ihr Smartphone konnten Interessierte auf Fragen der Moderatorin Stichworte beisteuern, die direkt in die Podiumsdiskussion eingingen. „Wir haben gut gefüllte Auftragsbücher, teils blockieren uns aber viel zu lange Genehmigungsvorgänge. Ist die Genehmigung da, sollen wir gleich morgen beginnen. Hinzu kommt in einigen Bereichen die Lieferkettenproblematik, die zu Verzögerungen führt“, sagte Peter Guttenberger. „Corona hat uns gezeigt, dass die Verwaltung am Boden ist“, sagte Thomas Echterhoff, Geschäftsführender Gesellschafter der Bauunternehmung Gebr. Echterhoff sowie Präsident des Bauindustrieverbandes Niedersachsen. Als Positivbeispiel nannte er das Ahrtal; dort sei die Infrastruktur nach der Hochwasserkatastrophe pragmatisch wiederhergestellt worden.

Peter Gerstmann, Vorsitzender der Geschäftsführung von Zeppelin, berichtete, dass der russische Angriffskrieg eine Zäsur für das Unternehmen bedeutet, da ein wesentliches Geschäftsfeld mit rund 2.000 Mitarbeitern in Russland und der Ukraine wegbreche. Gerstmann und Christian-Hans Bültemeier, Vorstand Hansa-Flex, erklärten, dass ihre Unternehmen die Lagerkapazitäten ausgebaut haben und auf Verfügbarkeit setzen. Einigkeit bestand darin, dass jene Firmen, die den Markt bislang gut behandelt haben, nun bessere Karten hätten. Mittelständler könnten mit langjährigen Kunden Lösungen erarbeiten. Hohe Energiekosten könne die Branche durch Energieeffizienz abfedern. „Wir können 50 Prozent der Dieselkraftstoffe durch die Nutzung akkubetriebener Technik einsparen“, erläuterte Prof. Alfred Ulrich, Kölner Labor für Baumaschinen der TH Köln, das Potenzial der Elektrifizierung.

Facharbeiter werden dringend gesucht

Als wesentlichen Hebel beim Vorankommen der Digitalisierung mahnte Peter Guttenberger „mehr Standardisierung“ an. Thomas Echterhoff bezeichnete das baubegleitende Planen als großes Brancheproblem. Beim Thema Fachkräftemangel wies Peter Gerstmann darauf hin, dass es sich hier nicht etwa um eine Akademikerproblematik handele: „Wir brauchen vor allem Facharbeiter, der Akademikeranteil liegt bei acht Prozent.“ Thomas Echterhoff rief in diesem Zusammenhang für mehr Wertschätzung für nicht-akademische Berufe auf.

Die Moderatorin Alexandra von Lingen erörterte in Interviews unter anderem auch das Thema Frauen. Karin Hammerl-Ranftl, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Firmengruppe Max Bögl, erläuterte, dass bei Max Bögl immerhin 15 Prozent Frauen beschäftigt sind, hauptsächlich allerdings im Bereich Verwaltung. Baumaschinenführerinnen müssten auch heute noch beweisen, was sie draufhaben. Der gute Wille in den Unternehmen sei zwar vorhanden, warf MTA-Leiter Roland Caillé ein: „Wir haben aber noch immer keine Bewerbungen von Frauen erhalten, obwohl wir körperlich schonende Tätigkeiten ausgeschrieben haben.“

Vortrags- und Rahmenprogramm stieß auf positive Resonanz

Der VDBUM hatte sich von seinen Fördermitgliedern anlässlich des 50. Jubiläums ein besonderes Vortragsprogramm gewünscht – ein Hersteller und ein Anwender sollten ein Produkt aus ihrer jeweiligen Perspektive darstellen. Daraus ergaben sich abwechslungsreiche, dynamische Redebeiträge. Zum Abschluss wurden Fragen aus dem Auditorium beantwortet; hier spielte das Format seine Stärke aus, da sich immer wieder Zuhörer mit Investitionsbereitschaft zu Wort meldeten, die bislang aus verschiedenen Gründen gezögert hatten. Anwender konnten aus eigener Erfahrung berichten, wie die Umstellung auf ein neues System vonstattenging, welche „Kinderkrankheiten“ es gab oder wie die Belegschaft beim Thema inhaltlich mitgenommen werden konnte.

Erstmals fand die begleitende Fachausstellung mit mehr als 100 Teilnehmern in einem großen Zelt auf dem Freigelände statt. Der Sommertermin des Seminars ermöglichte die Präsentation von deutlich mehr Baumaschinen und Geräten in der Freifläche als zum üblichen Wintertermin.

Viele junge Gesichter beim VDBUM

Marco Fecke, ein neues und das jüngste VDBUM-Vorstandsmitglied, ging auf die Altersstruktur der Mitglieder ein: Zehn Prozent sind demnach weniger als 35 Jahre alt. Auch beim Großseminar fiel die beträchtliche Zahl junger Teilnehmer auf. „Die jungen Mitglieder treiben uns an“, so VDBUM-Geschäftsführer Dieter Schnittjer. Den Nachwuchs hat der VDBUM generell durch den Baumaschinen-Erlebnis-Tag, das Patenschaftsprogramm, den VDBUM-Zukunftszirkel oder den Azubi-Cup fest im Blick. Die Finalrunde der neuesten Aktion, der Azubi-Cup oder richtigerweise die 1. Deutschen Meisterschaften im Steuern von Baumaschinen-Simulatoren, wurden in Willingen von 13 jungen Männern und einer jungen Frau ausgefochten. Den dritten Platz sicherte sich Andrin Schaper (Zeppelin Baumaschinen), Zweiter wurde Marc Philipp Zurborn (Oevermann Verkehrswegebau). Den ersten Platz erreichte Ben Strauch (Straßen- und Tiefbau See). Der Azubi-Cup wird im zweijährigen Turnus fortgesetzt – mit Regionalmeisterschaften im kommenden Jahr und dem Finale beim VDBUM Großseminar 2024.

Wieder Förderpreis vergeben

Zum bereits neunten Mal wurde der VDBUM-Förderpreis in drei Kategorien vergeben. Der etablierte und mit jeweils 2.500 Euro dotierte Preis ging an die DMT Dekena-Maschinentechnik, die Liebherr-Werk Bischofshofen und die TU Dresden. Der erstmals verliehene Sonderpreis für Start-ups ging an Instagrid. Dipl.-Ing. Stephan Kesser vom Institut für Fördertechnik, Materialfluss und Logistik an der TU München sowie Prof. Dr. Alfred Ulrich von der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme, Institut für Bau- und Landmaschinentechnik Köln (IBL), deren beruflicher Weg 1984 begann, wurden von Prof. Jan Scholten für ihr berufliches Lebenswerk geehrt.

Für gute Stimmung sorgten am zweiten Galaabend wieder einmal die beiden Vorstandsmitglieder Dirk Bennje und Prof. Jan Scholten. Den Showact am dritten Galaabend präsentierte Stihl mit einem Ausschnitt seiner Waldarbeits-Meisterschaften. Die Schnelligkeit und Präzision, in der die Aufgaben ausgeführt worden, sorgten für Staunen. In der Upland-Arena konnten zwar keine konventionellen Kettensägen eingesetzt werden, aber auch die Akku-Sägen überzeugten. Daneben stand Carving im Mittelpunkt – eine Disziplin, bei der Skulpturen mit Kettensägen hergestellt werden. Andreas Epple, der zum 1. Januar 2023 Geschäftsführer der Stihl-Vertriebszentrale wird, überreichte dem VDBUM eine Skulptur für die Geschäftsstelle in Stuhr; Res Hofmann, amtierende deutsche Meisterin im Speed-Carving, hat sie geschaffen.

85 Prozent der Aussteller und Besucher, die sich für das ursprünglich vom 25. bis 28. Januar 2022 terminierte Großseminar angemeldet hatten, nahmen nun am Sommerseminar teil. „Das ist ein starkes Ergebnis“, so Dieter Schnittjer. Der Verband hatte ein attraktives Begleitprogramm für die ganze Familie aufgelegt, um gleichzeitig die Teilnahme am Seminar und einen Familienurlaub in den Sommerferien zu ermöglichen. Da der Sommer allerdings Bauzeit ist und bleibt, wird das nächste Großseminar wieder im Winter ausgerichtet – vom 24. bis 27. Januar 2023 in Willingen.

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