Die aktuelle, 1984 eröffnete Erweiterung genügte den Anforderungen schon länger nicht mehr. Unter anderem weil das Kunstmuseum mehr Platz braucht. Abgesehen davon ist der Bau aus der Feder des Ateliers 5 – die Architektengemeinschaft war in den 1960er-Jahren mit der Halensiedlung bekannt geworden – laut Kunstmuseum stark sanierungsbedürftig: Von der Gebäudetechnik über Klima- und Kälteanlage, Lichtdecke und Erdbebenertüchtigung bis hin zum Kulturgüterschutz und zur Anlieferung entsprächen die bestehenden Anlagen nicht mehr heutigen Standards, schreibt das Museum. In den Jahren 2019 und 2020 musste gar eine Notsanierung vorgenommen werden, unter anderem wegen der Statik. Weil das Atelier-5-Gebäude lediglich als schützenswert und nicht als erhaltenswert gilt, soll es nun demnächst einem Neubau weichen. Es ergänzt den zwischen 1876 und 1878 errichteten, geschützten Stettlerbau und die Hodlerstrasse 6, in der aktuell noch eine Polizeiwache untergebracht ist und die künftig vom Museum genutzt werden soll. Letztere beide sollen saniert werden.
Die Kosten für das Neubau- und Sanierungsprojekt: Gemäss Museum rechnet man mit rund 147 Millionen Franken; Darin enthalten ist laut Pressemitteilung auch die bis zur Eröffnung im Jahr 2033 erwartete Bauteuerung von zirka 27 Millionen Franken. Die Finanzierung soll durch die öffentliche Hand, private Mäzene und Stiftungen sowie durch die Wirtschaft erfolgen. Der Baustart ist für 2029 angedacht.
Fassade aus Berner Sandstein
Quelle: Schmidlin Architekten
Blick von der Aareterrasse auf die Fassade des Erweiterungsbaus. Die Fassade ist im unteren Bereich rau, gegen oben wird sie glatter.
Für den Neubau ist im Sommer 2022 ein internationaler Architekturwettbewerb lanciert worden, den die Schmidlin Architekten mit ihrem Vorschlag «Eiger» für sich entscheiden konnten. «Das Projekt schafft grosszügige, gut proportionierte Räume für die Kunst und für vielfältige Angebote der Kunstvermittlung», freut sich Museumsdirektorin Nina Zimmer. Publikum und Künstlerinnen und Künstlern sollen offene, lichte Räume geboten werden, «die neue Qualitäten der Begegnung und Auseinandersetzung mit Kunst ermöglichen».
Eines der prägenden Element des Entwurfs der Schmidlin Architekten ist die Fassade aus Berner Sandstein: Im Erdgeschoss ist sie rau, und in den darüberliegenden Geschossen wird sie zunehmend glatter. Zudem schafft im Innern des Gebäudes eine Oberlichtdecke für «eine besondere Atmosphäre». «Der prägnante, freistehende Neubau strahle Beständigkeit aus, seine schnörkellose Erscheinung steht für dauerhafte Werte und nimmt gleichsam die Erhabenheit des Alpenpanoramas auf», heisst es dazu im Dossier des Museums zum Neubauprojekt.
500 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche
Quelle: Schmidlin Architekten
Ausstellungssaal im dritten Obergeschoss, mit Oberlichtdecke.
Wie es weiter heisst, ermöglicht das Siegerprojekt mit neuen Raumqualitäten Ausstellungen, die bisher im Kunstmuseum nicht realisierbar gewesen sind. Die Ausstellungsfläche nimmt damit um zirka 500 Quadratmeter zu. Neue Räume erhält auch die Kunstvermittlung, sie haben einen direkten Zugang zur neuen vielseitig nutzbaren, öffentlichen Aareterrasse. Zudem sind nichtkommerzielle Aufenthaltszonen und ein moderner, multifunktional nutzbarer Veranstaltungsraum vorgesehen, die das Museum laut Medienmitteilung zum «inklusiven, öffentlichen Ort der Begegnung und des Austauschs» machen. Und das Bistro soll neu auch ausserhalb der Öffnungszeiten zugänglich sein; Ein eigentliches Restaurant sei aber nicht vorgesehen, weil dies nicht zu den Kernaufgaben eines Museums gehöre.
Ausserdem soll der Betrieb des Museums mit «deutlicher Optimierung und Vereinfachung der Kunst- und Warenlogistik» effizienter werden, während die Betriebskosten trotz einem Mehr an Ausstellungsfläche stabil bleiben.
Geschützter Stettlerbau und Hodlerstrasse 6
Quelle: Schmidlin Architekten
So soll die neue Erweiterung, die den Atelier-5-Bau ersetzt, aussehen. Blick vom Waisenhausplatz auf den geplanten Neubau.
Das Siegerprojekt wird nun weiterbearbeitet. Aus Sicht der Denkmalpflege sei das Projekt grundsätzlich genehmigungsfähig und stehe im Einklang mit dem Status der Berner Altstadt als Unesco-Weltkulturerbe, heisst es in der Medienmitteilung. – Im Zuge der Weiterbearbeitung soll etwa abgeklärt werden, wie weit sich der historische, geschützte Stettlerbau im Innern verändern lässt. Dasselbe gilt für die ebenfalls als schützenswert eingestufte Hodlerstrasse 6, sie stammt von Rudolf Benteli und ist zwischen 1955 und 1958 erbaut worden.
Auch die Stadt Bern profitiert laut Museum vom Erweiterungsprojekt: Die seit vielen Jahren diskutierte Neugestaltung der Hodlerstrasse und die Aufwertung des Bären- und Waisenhausplatzes liessen sich mit der Museumserneuerung abstimmen. Das beite die Chance, den Stadtraum mit dem neuen Kunstmuseum in Verbindung zu setzen. Dadurch gewinne die gesamte Obere Altstadt an Bedeutung und Anziehungskraft. (mai/mgt)
Quelle: «Bildkultur» – Markus Mühlheim
Modell.
Quelle: Schmidlin Architekten
Ausstellungssaal im Untergeschoss.
Quelle: Schmidlin Architekten
Ausstellungsraum im ersten Obergeschoss.
Quelle: Schmidlin Architekten
Foyer des neuen Erweiterungsbaus.
Quelle: Schmidlin Architekten.
Blick von der Genfergasse auf den Erweiterungsgebäude und den Stettlerbau.