Der größte Batteriespeicher der Welt soll in einem neuen Technologiezentrum in Laufenburg (TZL) im Schweizer Kanton Aargau entstehen – direkt an der deutschen Grenze. Das deutsche Laufenburg liegt vis-a-vis auf der anderen Seite des Rheins.
Anfang dieser Woche begannen mit dem traditionellen Spatenstich die Bauarbeiten für das TZL. Neben dem bislang weltweit größten Batteriespeicher mit Redox-Flow-Technologie sind hier auch ein Rechenzentrum für Anwendungen künstlicher Intelligenz und ein spezieller Windkanal für Forschungs- und Entwicklungszwecke im Sportbereich geplant. Das TZL ist direkt an den europäischen Stromverbund angeschlossen.
Weltgrößter Redox-Flow-Batteriespeicher geplant
Es gehe um nichts weniger als um die «Realisierung eines Jahrhundertprojekts», so Giuseppe Santagada, Chef des Aargauer Bauunternehmens Erne Gruppe, das das Projekt baulich umsetzen wird. Erne kooperiert dabei mit dem Technologieunternehmen Flexbase Group mit Sitz in Laufenburg, das von den Initiatoren des Projekts TZL, Marcel Aumer und Sascha Corroccio, gegründet wurde.
Kernstück des neuen Technologiezentrums bildet der Batteriespeicher. Er bekommt einen Neubau auf einem Gelände von über 20.000 Quadratmetern, gegenüber einem existierenden Gebäude des Übertragungsnetzbetreibers Swissgrid, welches ins TZL integriert wird.
Laut Informationen von Erne und Flexbase soll die Redox-Flow-Batterie, auch als Flüssigbatterie oder Nasszelle bekannt, eine Gesamtkapazität von mehr als 1,6 GWh und eine Leistung von über 800 MW liefern. Die bisher größte Redox-Flow-Batterie der Welt steht in China und hat eine Speicherkapazität von 400 MWh und eine Leistung von 100 MW. Redox-Flow-Batterien haben den Vorteil, dass sie nicht explosiv und nicht brennbar sind.
Derzeit basieren die Projektentwickler ihre Berechnungen und Angaben auf einer Standardkonfiguration solcher Batterien: 75 Prozent Wasser als Energiespeicher und 25 Prozent Vanadium als metallischer Elektrolyt. Sie seien die meistverbreitete Art von Batteriespeichern und werden daher zum jetzigen Zeitpunkt von Flexbase gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien quasi als Benchmark hergenommen, sagt ein Firmensprecher gegenüber Heise Online. Die getätigten Leistungs- und Kapazitätsangaben «werden wir auch mit Sicherheit erfüllen, wenn nicht sogar etwas übererfüllen», betont der Sprecher.
Speicherung für den Stromhandel möglich
Bezüglich der verwendbaren Elektrolyten bzw. der benötigten Flüssigkeit gebe es laut Flexbase «mehrere Optionen, die abhängig vom Fortschritt der Forschung final evaluiert und anschließend im Konzept integriert» würden. Man arbeite dafür mit renommierten Institutionen in der Schweiz und Deutschland zusammen, wobei man «neue Maßstäbe sowohl bei der verwendeten Flüssigkeit als auch bei den Zellstacks setzen» wolle, heißt es in der Pressemitteilung.
Die Hauptaufgaben des Batteriespeichers ließen sich neben der Speicherung von Strom für den Stromhandel – also Strom aufnehmen, wenn die Energie an der Börse billig verfügbar ist, und wieder abgeben, wenn sie teuer ist – auch mit Netzstabilisierung, Spannungssicherheit und Blindleistungskompensation zusammenfassen, so die Projektpartner.

Stromdrehscheibe Mitteleuropas
Um mindestens die beabsichtigte Kapazität zu erreichen, rechnet Flexbase mit dem Bau von 960 Tanks mit vielen Millionen Litern Elektrolytflüssigkeit und je drei Metern Durchmesser. So eine gewaltige Anlage braucht viel Platz: Das Gebäude mit dem Batteriespeicher soll 180 Meter lang und 78 Meter breit werden, in einer ersten Phase soll es 20 Meter hoch, in der zweiten Phase 30 Meter hoch werden und 25 Meter in den Untergrund reichen.
Auf dem Gelände des TZL befindet sich auch so etwas wie die Stromdrehscheibe Mitteleuropas: Das Umspannwerk Laufenburg, gerne «Stern von Laufenburg» genannt. 1958 wurden hier laut Swissgrid erstmals die Stromnetze der Schweiz, von Deutschland und Frankreich zusammengeschaltet und so das europäische Verbundnetz gegründet.
KI-Rechenzentrum und Fernwärmeversorgung
Dem Rechenzentrum speziell für Anwendungen künstlicher Intelligenz soll der Batteriespeicher auch als Notstromversorgung für die stromhungrigen KI-Anwendungen dienen. Details dazu soll bald bekannt gegeben werden. Dem Vernehmen nach soll es auch hierbei einige interessante Partnerschaften und Kundenzusagen geben.
Die Kühlung des Rechenzentrums erfolgt nachhaltig mit Wasser und seine Abwärme soll energieeffizient in ein Fernwärmenetz eingespeist werden. Mittels eines bestehenden Tunnelsystems kann die Abwärme Richtung Kraftwerk Laufenburg, welches die beiden Länder auch physisch verbindet, geliefert werden.